Mittelrhein-Saar (Mitt. Nr. 2 - H. Heimerich 1945)

198 - Euro 380,-

198 Oberregierungspräsidium Mittelrhein-Saar
Bulletin No. 2 - Mitteilung Nr. 2 - Landsleute! ... Bauern! ... Arbeiter!

Oberregierungspräsidium Mittelrhein-Saar, Dr. Hermann Heimerich. Deutschland, Juni 1945.
Meininger-Druck, Meiningen.
Größe 87,4 x 60,9 cm.
War gefaltet, auf Japanpapier aufgezogen, Einriss im oberen Rand restauriert.
Code 27198

Text: "
Mitteilung Nr. 2
An die Bevölkerung der Regierungsbezirke Pfalz, Saarland, Rheinhessen, Trier und Koblenz.
Landsleute!
Wir wissen nun alle, daß wir durch den Krieg der Nazis Ungeheures verloren haben. Hitler hat unseren Boden und unsere Lebenskraft ausgesogen, um Granaten zu drehen. • Die Granaten sind verschossen. Wir sind arm zurückgeblieben.
Aber wir wollen leben, und darum müssen wir arbeiten. Wir können uns jetzt nicht ausruhen. Es geht darum, lebendige Menschen vor dem Tode durch Hunger und Kälte im kommenden Winter zu bewahren. In den Ruinen-Städten fehlen Brot und Fett, auf dem Lande mangelt es an Dünger, Nutzvieh und anderem, für die Bahnen und Fabriken brauchen wir Kohlen.
Wir gehören zusammen. Der Chemiearbeiter kann keinen Dünger herstellen, wenn er nichts zu essen kriegt, und das Korn gerät nicht, wenn der Bauer keinen Dünger bekommt. Keine Maschine wird gebaut oder ausgebessert, wenn die Arbeiter keine Kraft im Leibe haben, und keine Garbe wird gedroschen, wenn die Maschine nicht läuft. Keine Kohle ohne Brot und kein Brot ohne Kohle.
Wer also für den Anderen sorgt, sorgt für sich selbst Wer nur an sich allein denkt, gräbt sich selbst sein Grab. Wer nur an den Augenblick denkt, handelt wie die-Nazis und die Bankrotteure.
Keiner darf auf den Anderen warten. Aber jeder muß dem Anderen vertrauen, der Arbeiter dem Bauern und der Bauer dem Arbeiter. Und wir vertrauen auf Eure Einsicht
Bauern! Jedes Kilo Korn, jeder Liter Milch, den Ihr nicht abliefert, wird am Ende in anderer Form Euch selber fehlen. Wenn Ihr weiterhin ungenügend abliefert, werden Kohle, Strom und Dünger bald aus- bleiben. So bringt Ihr schließlich Eure eigenen Höfe in Gefahr.
Arbeiter! Vielleicht braucht mancher von Euch heute noch kein Geld, und gewiß haben viele in Haus und Garten zu tun. Aber keiner von Euch kann sich lange allein ernähren. Wenn Ihr nicht sogleich zur Grube, zur Fabrik und zur Baustelle geht, so werdet Ihr alle mitsamt Euren Kindern im Winter darben. Von nichts kommt nichts.- Jede Tonne Kohle, die Ihr jetzt nicht abbaut, fehlt der Bahn, und wenn die Bahn nicht fährt, bringt sie auch nichts zu essen.
Auf jedem Einzelnen ruht die Verantwortung. Jeder Einzelne haftet dafür, daß wir diesen Winter überstehen. Wenn wir ihn überstehen, werden wir sehr viel erreicht, werden wir unser Leben gerettet haben.

Das Oberregierungspräsidium
Mittelrhein-Saar
Dr. Heimerich."